Am 2.März 2023 unternahmen die Klassen R9, Gy9 und H10a eine Fahrt in das Kriegsgefangenenlager Sandbostel bei Bremervörde.
Dort waren ab Oktober 1939 bis zur Befreiung durch die britische Armee mehrere hunderttausend Soldaten und auch Zivilisten aus über fünfzig Nationen von der Wehrmacht im Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager „Stalag X B“ interniert. Zu ihnen gehörten zum Beispiel Polen, Briten, Franzosen, Russen und Italiener.
Die Behandlung der Gefangenen war durch völkerrechtliche Verträge geregelt, und doch waren Verstöße bei allen Gefangenengruppen an der Tagesordnung. Bei kalten und unangenehmen Temperaturen besichtigen die Schüler unter sachkundiger Führung von Mitarbeitern der Gedenkstätte das ehemalige Lagergelände.
Beeindruckend und im Gedächtnis aller wird der Gang durch die Baracke der sowjetischen Kriegsgefangenen bleiben, die ab Oktober 1941 nach Sandbostel kamen. Hier war es drinnen genauso kalt wie draußen, da die Gefangenen kaum eine Möglichkeit zum Heizen ihrer Räume hatten. Untergebracht waren je sechzig Soldaten in vier mal vier Meter kleinen Räumen und schliefen in einfachsten dreistöckigen Etagenbetten aus Holzlatten. Aus ideologischen Gründen verweigerte ihnen die Wehrmacht jeglichen Schutz durch das Völkerrecht. Schlechte medizinische Versorgung und Essen, welches diese Bezeichnung nicht verdiente, waren der Grund für Typhus und Hunger. Ein sowjetischer Soldat hatte hier eine Lebenserwartung von etwa einem halben Jahr!
Widerstand war unter den harten Bedingungen nicht möglich, es gab nur wenige erfolglose Fluchtversuche.
Die italienischen Gefangenen, die hier ab 1943 waren, schafften es heimlich mit Hilfe eines Wachmanns ein Radio zu bauen. Sie hörten die Sendungen der BBC ab und versorgten das Lager mit Nachrichten. Die Lagerinsassen erfuhren so noch vor ihren Bewachern von der Landung der Alliierten in der Normandie am 6.Juni 1944. Als Zeichen der Solidarität ließen sie kleine Papierschiffchen in den Pfützen des Lagers schwimmen.
Eine wichtige Rolle spielte das Lager für die Bereitstellung von Arbeitskräften für die Landwirtschaft, Rüstungsindustrie, dem Bau von Militäranlagen wie dem U-Boot-Bunker „Valentin“ in Bremen-Farge sowie auch die Unterhaltung des Seeflughafens in Nordholz. Es sind etwa 1100 Arbeitskommandos im Elbe-Weser-Dreieck bekannt.
In den letzten Tagen des Krieges trieb die SS zirka 9500 KZ-Häftlinge der Außenlager des KZs Neuengamme nach Sandbostel. Geschätzte 3000 Häftlinge starben hier noch kurz vor der Befreiung am 29.April 1945 an Erschöpfung und durch die Gewalttaten der Wachmannschaften.
Den britischen Soldaten bot sich dann beim Erreichen des Lagers ein Bild des Schreckens. Sie starteten umfangreiche Rettungsmaßnahmen für die Überlebenden der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Beeindruckend waren die in der ehemaligen Lagerküche aushängenden Registrierkarten der sowjetischen Gefangenen. Unsere ukrainischen Mitschüler lasen die kyrillischen Wörter vor, wie die Menschen hießen und woher sie kamen.
Die Mitarbeiter der Gedenkstätte Sandbostel informierten uns kompetent und neutral über eine Zeit, in der Zynismus und Unmenschlichkeit herrschten.
Danke dafür!
Text: S. Masurat, Fotos: M. Rutloff